Die 8 Thesen
2020 erhält Herbert Köfer den Lebenswerk Ehrenpreis der Goldenen Henne.
In seinem Buch „Nie war es so verrückt wie immer ... -
Erinnerungen” bezieht der Schauspieler, der in der DDR und
im vereinigten Deutschland gleichsam erfolgreich war, klar
Stellung. Er sagt, warum er gerne DDR-Bürger war, warum er
sich die Erinnerungen an die DDR nicht kaputt reden lässt
und bezieht in der Unrechtsstaat-Diskussionen einen festen
Standpunkt.
3. Das Scheitern der Kommunisten
Wir haben auch heute noch immer das Gefühl, uns
rechtfertigen zu müssen. Im Umgang mit seinen sogenannten
Gegnern und Kritikern hat der Staat den sozialistischen
Gedanken vom Menschen für den Menschen oft ad absurdum
geführt.
Ich stelle mir immer die Frage, wie Menschen, die als
Sozialisten und Kommunisten unter der Nazi-Herrschaft
gelitten hatten und bereit waren, nach dem Krieg ein neues
Deutschland aufzubauen, sich für das Wohl der Menschen
und für den Frieden einzusetzen - wie einige dieser Leute, die
ja durchaus auch beim Aufbau der vom Westen so
ungeliebten DDR Großes geleistet hatten, neues Unrecht
schaffen konnten.
Es waren alles Männer, die in jungen Jahren für ihre
Überzeugung gekämpft haben und verfolgt wurden. Um ihr
Leben richtig zu bewerten, muss man ihren langen Weg
berücksichtigen, den sie in all den Jahrzehnten zurückgelegt
haben. Die wurden ja nicht als Täter geboren. Vielleicht hat
sie ihr Scheitern dazu veranlasst, ich weiß es nicht.
Ich habe 1990 einmal auf die Frage eines Reporters „Wie
fühlen Sie sich jetzt, nach der
Wende?“ geantwortet: „Ich fühle
mich gut. Es ist leichter, ein
Interview zu geben, denn man
muss seine Antworten nicht
zehnmal filtern wie in der
Vergangenheit.“
4. Die DDR war ein anerkannter
Staat und kein Unrechtsstaat
„Der Zensor im Kopf ist weg!“ -
Aber heute? Wenn gesagt wird,
die DDR war ein Unrechtsstaat, werde ich immer darauf
entgegnen: Die DDR war ein Staat, in dem auch Unrecht
geschah.
Wer daraus einen „Unrechtsstaat“ macht, soll es tun. Ich
möchte aber - wie Millionen Menschen aus der DDR - mir
nicht sagen lassen müssen, Jahrzehnte lang in einem
Unrechtsstaat gelebt zu haben. Immerhin war die DDR von
mehr als 100 Ländern der Welt völkerrechtlich anerkannt.
5. Honeckers Besuch in der BRD
Auch von den Amerikanern und von der Bundesrepublik. Sein
Besuch in der Bundesrepublik im Jahre 1987 war für Erich
Honecker sicher ein Höhepunkt.
Für uns, die wir die Visite am Bildschirm verfolgten, hatte sie
etwas Unwirkliches. Die DDR-Flagge, die DDR-Hymne,
Honecker glücklich auf dem roten Teppich - begrüßt von
einem Helmut Kohl, der ein beleidigtes Gesicht machte.
Aber das spielte in diesem
Augenblick keine Rolle. Und die
ganzen Wirtschaftsbosse der
Bundesrepublik standen Schlange,
um mit dem Gast aus der DDR
fotografiert zu werden. Mit dem
höchsten Repräsentanten eines
„Unrechtsstaates“, wie man heute
sagt ...
8. Die Pressefreiheit
Mir fällt bei diesem Thema immer
der berühmte Papst-Witz ein ... Wie
ging der noch schnell,
ach ja ...
Der Papst besucht zum
ersten Mal die
Vereinigten Staaten von
Amerika. Bei der
Ankunft in Washington
ruft ihm außerhalb des
Protokolls ein vorlauter
Journalist die Frage zu:
„Heiliger Vater, werden
Sie hier ein Bordell
besuchen?“ Der Papst
ist völlig konsterniert
und sagt vor sich hin:
„Gibt es hier Bordelle?“
Darauf steht am nächsten Tag auf der Seite eins eines
Massenblattes in dicken Lettern: „Die erste Frage des
Papstes: Gibt es hier Bordelle?“
Ich glaube, man nennt das Pressefreiheit ...
2. DDR-Bürger müssen
sich nicht schämen
Ich war gern ein
DDR-Bürger.
Wenn ich nach
meinen
Bühnenauftritten
oder nach
Lesungen
anschließend
noch mit dem
Publikum
diskutiere und
Fragen
beantworte, dann sage ich
immer, dass ich mich auch
heute nicht schäme, 40 Jahre
in diesem Staat gearbeitet und
gelebt zu haben. Und da
merke ich, wie sehr das den
Menschen aus dem Herzen
spricht.
Das sind ganz normale Leute,
die mir da Beifall zollen. Sind
in der DDR aufgewachsen,
haben was gelernt oder
studiert, haben sich verliebt,
haben geheiratet, Kinder
bekommen, wurden
Großeltern - und sie haben
versucht, ein anständiges
Leben zu führen.
Hatten Wünsche, von denen
sich ein paar erfüllten, und
Träume, die Träume blieben.
Für was sollten sie sich
schämen? Weil sie sich mit
ihrem Leben in diesem Staat
arrangiert haben? Vielleicht
bin ich als gelernter DDR-
Bürger zu dünnhäutig.
7. Ich will ungestraft an die DDR
zurückdenken dürfen
Ich will die DDR nicht
zurückhaben, aber wenn ich
mich an meine Vergangenheit
erinnere, möchte ich gern
ungestraft an die positiven
Seiten dieses Landes
zurückdenken dürfen.
Über eines mache ich mir oft
Gedanken: Wie wird man
später über Herbert Köfer
denken? Irgendwas zwischen
„heiterer Fridolin“ und
„ernsthafter Schauspieler“. Als
„Fernsehpionier und DDR-
Unterhaltungsmensch“. Wenn
ich Glück habe, als Narr.
Narren machen Menschen
glücklich. Allerdings nur auf der
Bühne, nicht in der Politik.
Ich weiß nicht, ob man meine
Gedanken über die DDR
nachvollziehen kann. Ich bin
nicht auf der Suche nach
Mehrheiten. Aber
irgendjemand wird schon was
finden, das ihm nicht gefällt.
Die Dinge werden in den
Medien ja gern aus dem
Zusammenhang gerissen. Man
kann durch Weglassen eines
einzigen Satzes genau das
Gegenteil von dem beweisen,
was einer gesagt hat.
Es geht mir nicht in erster Linie
um den Staat DDR, sondern um
die Menschen in der DDR. Die
haben es nicht verdient, immer
und immer wieder mit dem
Begriff Unrecht in Verbindung
gebracht zu werden. Wir hatten
in der DDR auch Anlass, stolz
zu sein. Stolz auf eine
ungeheure Aufbauleistung nach
dem Krieg.
Es ist vielleicht nicht mehr so
sehr im Blick, dass die
Sowjetunion ihrer
Besatzungszone, aus der die
DDR dann hervorging,
gewaltige Reparationen
abverlangte. Es wurden
Fabriken und Stahlwerke und
Bahngleise demontiert und nach
Osten verladen. Damit war ein
Neuaufbau des Landes nur
schwer möglich.
Ganz anders in den anderen
Zonen, wo die Westalliierten
nicht nur auf Reparationen
verzichteten, sondern den
Wiederaufbau sogar noch
unterstützten. Beide deutsche
Staaten hatten also eine ganz
unterschiedliche und ungleiche
Ausgangsposition.
Und doch haben die Menschen
in der DDR es geschafft,
Wohnungen zu bauen, Städte
wieder herzurichten, Schulen
und Kindergärten zu eröffnen –
und für Bildung und Kultur zu
sorgen. Darauf, finde ich, kann
man durchaus stolz sein.
Richtiger gesagt: Können die
Menschen stolz sein, denn sie
waren es ja, die oft
Unmögliches möglich gemacht
haben.
6. Die schlechtere
Ausgangsposition der DDR
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Star–Interview: Herbert Köfer
Herbert Köfer wurde
in der DDR zur TV-
Legende. In seiner
Biografie spricht er
aus, was offenbar
viele Ostdeutsche
denken. Hier
dokumentieren wir,
wichtigsten Passagen
Ich stelle mir bisweilen die
Frage: Wie lange wird es die
DDR in der Erinnerung noch
geben? In ein paar Jahrzehnten
wird niemand mehr da sein, der
sie noch erlebt hat. Zeitzeugen
gehen mit der Zeit ... Aber ist
die DDR dann vergessen?
Sicher nicht. Dann werden die
zu Wort kommen, die die DDR
nur vom Hörensagen und aus
Büchern kennen. Das werden
Historiker und Publizisten sein,
die ihr Wissen aus zweiter Hand
schöpfen. Da darf man
gespannt sein. Napoleon soll
gesagt haben: „Das objektive
Bild der Geschichte ist die
Summe der Lügen, auf die sich
die Gesellschaft nach 30 Jahren
geeinigt hat.“ Was die Lügen
angeht - das wird bei der DDR
bestimmt auch das Leugnen
von Errungenschaften sein. Ich
bin froh, dass mir das erspart
bleibt.
1. Man wird die
Errungenschaften der DDR
leugnen