Der Gastbeitrag von Alexander Gauland, der in der Welt nicht erschienen ist: „Die AfD ist allenfalls
das Fieberthermometer“
Der folgende Gastbeitrag von Alexander Gauland war für eine Veröffentlichung in der Welt am Sonntag vorgesehen.
Doch dann erschien er nicht. Medienberichten zufolge soll die Redaktion eine Veröffentlichung verhindert
haben.Bereits vor fast einem Jahr sorgte ein Text des US-Unternehmers Elon Musk in der Welt am Sonntag für
erhebliche Kontroversen: Musk hatte darin deutlich für die AfD geworben und die Partei als „letzten Funken
Hoffnung“ für Deutschland bezeichnet. Die Veröffentlichung stieß auf scharfe Kritik aus Politik, Medien und auch
innerhalb der Redaktion.In seinem Text reagiert Gauland auf einen Beitrag des Welt-Journalisten Frederik Schindler
und setzt sich mit dem Vorwurf einer fortschreitenden Radikalisierung seiner Partei auseinander, kritisiert die
Brandmauer der Union und beschreibt die AfD als Ausdruck wachsender politischer Unzufriedenheit.Nach der Lektüre
des Beitrages von Frederik Schindler in der Welt habe ich mich gefragt, ob es wirklich lohnt, sich immer von Neuem
mit haltlosen Vorwürfen auseinanderzusetzen, Vorwürfen, die weder im Programm der AfD noch in ihrer Politik einen
Halt finden. Wie soll man entgegnen auf die unbewiesene Behauptung: „Ihr Prozess der Radikalisierung in den
Rechtsextremismus schreitet ungebremst voran.“
Nein, Herr Schindler, es gibt
diesen Prozess nicht.
Was es allerdings gibt, ist
eine Radikalisierung der
Probleme in Staat und
Gesellschaft und die
Ungeduld vieler, die eine
andere Politik gewollt
und gewählt haben und nun
wieder einen grün-roten
Verschnitt mit einigen
Tupfern
christdemokratischer Vernunft
bekommen. Dieses Land
hat rechtsliberal bis
konservativ gewählt und
bekommt stattdessen mehr vom
alten: Gängelung der
Wirtschaft, sinnlose, die
Industrie zerstörende
Klimapolitik und wenn es nach
Herrn Wadephul geht,
nicht einmal eine Wende bei
der Massenmigration.
Statt sich also über
irgendwelche
Europaabgeordneten, die
keiner kennt, Gedanken
zu machen, wäre es
angebracht, eben diese
Frage zu beantworten:Wie will
die CDU mit der
Brandmauer das umsetzen, was
sie den Menschen
versprochen hat – eine andere
Politik! Auch wir wollen
kein anderes Land, sondern
eine andere Politik.
Wenn man eine solche Politik
aber als
grundgesetzwidrig und
menschenfeindlich
einstuft, hört alles
diskutieren auf.
Und das ist ja auch das Ziel
derer, die, mit Klauen
und Zähnen, eine Politik verteidigen, die den Menschen schadet und die deshalb abgewählt wurden. Doch mit der
Brandmauer können die Menschen wählen, wen und was sie wollen, sie bekommen immer dasselbe. Aber offensichtlich
will das Herr Schindler, wenn er die Brandmauer zum konservativen Projekt erklärt.
Dabei ginge es auch anders: Die CDU müsste nur mit einer Minderheitsregierung das umsetzen, was sie versprochen hat
und sehen, wer zustimmt. Doch das Geschrei von Hayali, Reschke, Restle und Böhmermann möchte Herr Merz nicht
aushalten und hat sich damit der Möglichkeit beraubt, Politik jenseits eines grün-roten Grundrauschens zu machen,
das nun auch der Bundespräsident als alternativlos erklärt hat. Kein Wunder, dass die wachsende Unzufriedenheit,
die immer auch eine Gefahr wachsender Radikalisierung mit sich bringt, Stimmung und Klima im Land nachhaltig
verändern.Das hat wenig mit der AfD zu tun. Wir sind allenfalls das Fieberthermometer, dass die steigenden
Temperaturen anzeigt. Dass von Herrn Schindler nun ausgerechnet Marine Le Pen zum Wächter über die deutsche
Demokratie bestellt wird, ist eher komisch. Da sie etwas werden will in ihrem Land, sucht sie einen Prügelknaben
woanders. Und da bietet sich die AfD geradezu an. Mit der Sache, um die es geht, hat das wenig zu tun.
Nein, Herr Schindler, wir stellen weder die Würde des Menschen infrage noch sehen wir auf Deutsche mit
Migrationshintergrund hinab und machen Minderheiten verächtlich und auch die Verbrechen des Nationalsozialismus
relativieren wir nicht. AfD-Mitglieder werden Sie bei den propalästinensischen Demonstrationen nicht sehen.
Aber ja, wir treten ein für deutsche Interessen, wie das Briten, Franzosen und die Italiener für die ihren auch
tun. Ich sehe nicht, wie wir uns dadurch ausgrenzen. Nicht der Verfassungsschutz, die Wähler bestimmen am Ende über
die Legitimität und auch die Richtigkeit unserer Politik.